Weil ein Jahresurlaub unserer Autorin Isabel nicht genügt, packt sie für gewöhnlich aller paar Wochen ihre Taschen und Koffer, um neue Orte zu entdecken. Manchmal auch nur für eine Nacht – egal. So lässt sich Fernweh eben auch ganz gut stillen. Wo es zuletzt hinging, was sich lohnt und was nicht, verrät sie in “Bon Voyage”. Jetzt war sie für SoSUE in Wiesbaden.
Von Isabel Sophie Möller
Selten passte der Titel dieser Kolumne so gut: Bon Voyage – Gute Reise.
Tatsächlich bin ich extrem gut gereist. Komfortabel. Exquisit. Entspannt. Kultiviert. Geschmackvoll. Mit Ausblick … sucht euch etwas aus.
Zuletzt sendete ich euch eine digitale Postkarte aus dem schönen Straßburg. Doch wie bereits angekündigt, war der Elsass nur die Endstation meiner Reise. Zuvor gab es noch eine weitere Station, die ich euch bisher verschwiegen habe.
Steigen wir – ganz nach meiner Stimmung – märchenhaft ein: Hinter Gera, Jena, Weimar, Eisenach, Gießen und Frankfurt liegt am Rande eines Berges ein Städtchen, alt und schön, mit heilenden Quellen und breiten Boulevards. Die Liste der Persönlichkeiten, die sich hier über die Jahrhunderte die Ehre gaben? Lang. Helena Rubinstein, Dostojewski, Goethe, Brahms, Wagner – um nur einige zu nennen.
So. Spannungsbogen aufgebaut. Wer die Deutschlandkarte vor seinem inneren Auge bereits aufgeschlagen hat, wird sich denken können, wo ich mich befinde.
Ich bin in…3…2…1…Wiesbaden.
Die Schönheitskönigin der deutschen Städte: Ein Kurztripp nach Wiesbaden
Wer meine letzte Kolumne gelesen hat, wird wissen: Zum Ende des Sommers und nach einem kleinen Arbeitsmarathon war mir nach der vollen Dröhnung Genuss, Entspannung und Schönheit. Mein Ziel: Straßburg. Meine erste Verschnaufpause: Wiesbaden.
Relativ spontan buchte ich mir ein Hotelzimmer und gönnte mir einen zweitägigen Zwischenstopp in der hessischen Landeshauptstadt. Denn – Asche über mein Haupt: Ich würde behaupten, dass ich Deutschland mit all seinen Facetten ganz gut kenne. Doch Hessen ist bisher grundlos an mir vorbeigegangen.
Where to stay: Übernachten am Rande des Neroberges
Allein die Anfahrt war ein Träumchen – ein deutscher Roadtrip par excellence. Verzeihung, falls ich übertreibe. Mit meinem Auto fuhr ich entspannt durch eine Landschaft aus Tälern, Hügeln und Schlössern. Meine Unterkunft passte hervorragend dazu: Übernachtet habe ich nämlich im “Hotel Klemm” – einer denkmalgeschützten Jugendstil-Villa aus dem Jahr 1888.
Durch weiße Flügeltüren und über rote, hohe Teppiche bahnte ich mir den Weg erst zur nostalgischen Lobby, dann hoch in mein Zimmer. Klein, aber fein: Vorab bat ich – wie immer – um ein Zimmer mit Ausblick. Klappt nicht immer, dieses Mal aber schon. Vorhänge auf, Fenster geöffnet und tada: Vor mir nicht nur ein schmucker Innenhof, sondern auch der Neroberg, der Hausberg Wiesbadens.
Im Hotel selbst übernachteten (ähnlich wie ich) viele Städtereisende, die nur ein paar Tage blieben. Gut für mich, denn bei der morgendlichen Tasse Kaffee konnte man sich herrlich schön über persönliche Must-Sees und Entdeckungen austauschen.
Apropos Frühstück:
Selten habe ich eine so reiche und qualitativ hochwertige Auswahl an regionalen Produkten vorgefunden. Das Tüpfelchen auf dem i: Das Frühstück gab es für lau.
Places to be
Tatsächlich erwies sich die Wahl meines Hotels als besonderer Glücksgriff, denn die erste große Sehenswürdigkeit befand sich quasi direkt vor meiner Tür: Der Neroberg. Wie mir eine nette Wiesbadenerin sagte, wohnt, wer was auf sich hält, entweder auf dem Nero- oder auf dem Sonnenberg. Es ist mir fraglich, wie man sich ein solches Wohnvergnügen in Zeiten wie diesen finanziert, aber für einen Spaziergang eignen sich die Schöner-Wohnen-Viertel allemal. Denn hier lernt man das echte, typische Wiesbaden kennen. Oder besser: Das Wiesbaden, wie es immer noch wahrgenommen werden möchte.
Denn Wiesbaden ist ganz Stadt des 19. Jahrhunderts. Das liegt daran, dass sich die Stadt erst um 1800 von einer bescheidenen Provinz mit 2.500 Einwohnern zu einer großen Kurstadt gemausert hat. Da man es hier immer schon auf ein gut betuchtes Klientel abgesehen hat, wurde nicht einfach wahllos drauflos gebaut: Ein architektonisches Juwel reiht sich an das andere. Noch heute gilt Wiesbaden deshalb als Stadt des Historismus’.
Mein Tipp: Tatsächlich war ich von der baulichen Pracht zu Beginn etwas überfordert. Wiesbaden wirkte für mich auf den ersten Blick nicht wie eine Stadt, in der gelebt, gearbeitet, geweint und gefeiert wird, sondern wie eine Theaterkulisse. Viel zu hübsch, um wahr zu sein. Viel zu viel Zuckerguss. Viel zu wenig Gefühl, keine Ecken und Kanten.
Spontan stieg ich in die “Wiesbadener Thermine” ein – eine kleine historische Lok. Für zwölf Euro wurde ich von der Marktkirche beginnend 50 Minuten durch die hessische Landeshauptstadt gefahren – die Kulisse wurde für mich so nach und nach mit Leben gefüllt. Über die luxuriöse Wilhelmstraße ging die Fahrt zum Kurhaus, dem hessischen Staatstheater, hoch hinauf zum Neroberg, zur russisch-orthodoxe Kirche, über die Taunusstraße, zum Kochbrunnen, dem historischen Kranzplatz, dem Stadtschloss wieder zurück zur Marktkirche.
Die Tour bitte abspeichern, ich würde sie nämlich jedem genauso empfehlen.
Mittagspause im Wiesbadener Schiffchen
Nach meiner kleinen mobilen Zeitreise durch Wiesbaden hatte ich eine ganz gute Vorstellung davon, was ich mir genauer anschauen möchte. Plus: Die netten Inhaber der Thermine gaben auf Nachfrage gern ihre ganz persönlichen kulinarischen Tipps preis. Da ich nur zwei Tage blieb, konnte ich logischerweise nicht alles ausprobieren, doch als seriöse Kolumnistin, die ihren Job sehr ernst nimmt, habe ich natürlich mitgeschrieben.
● Brunch und Abendessen: Benner’s Bistronomie
● Mittagessen: I-Punkt
● Der beste Italiener: Ristorante Comeback
● Sterneküche: Restaurant Ente
● Patisserie: L'Art Sucré (selbst ausprobiert und für köstlich befunden)
Tipp für Unentschlossene: Im “Schiffchen” – so nennen die Einheimischen ihre Altstadt wegen ihres bugförmigen Aussehens – treiben lassen. Egal ob früh, mittags, abends: Das “Schiffchen” ist Kulinarik- und Shopping-Hochburg. Augen und Magen werden hier immer satt. Versprochen.
Spielbank Wiesbaden
Nein: Ich möchte hier keine Werbung für Glücksspiele machen. ABER: Das Wiesbadener Casino gehört zu den bekanntesten Spielbanken Europas. Spielen hat in Wiesbaden Tradition: Fürst Carl von Nassau-Usingen erteilte bereits 1771 ein Privileg für das Glücksspiel in Wiesbaden. 1810 wurde das Casino in das Alte Kurhaus verlegt – der klassizistische Bau ist auch heute noch mit seinen Säulengängen ein wahrer Augenschmaus.
Da mir das Abendessen im “Benner’s” empfohlen wurde, warf ich mich kurzerhand in Schale und machte mich auf ins Casino. Denn Achtung: Hier herrscht noch Dresscode. Im historischen Ambiente ließ ich die spannungsgeschwängerte Atmosphäre auf mich wirken, hörte Pokerchips klappern, Rouletteräder drehen und genoss umringt von altem und neuem Geld einen Salat mit gegrillten Gambas. Dazu ein Glas Champagner. Prösterchen – bis zum nächsten Mal.
Shopping-Gönnung in der Altstadt
Vögelchen zwitschern mir, dass es einen enormen Konkurrenzkampf darum gibt, wo man besser shoppen kann: Mainz oder Wiesbaden. Ich enthalte mich diplomatisch. Doch ich muss schon zugeben, dass ich eine Tendenz habe. Denn in Wiesbaden stolperte ich ganz unverhofft hinein ins Modeglück.
Hier meine absoluten Favoriten im – ihr kennt es schon – Schnelldurchlauf:
● Burresi: Modisch der Saison voraus? Zumindest hat man in der Boutique das Gefühl. Burresi steht für 40 Jahre internationaler Fashion. Denn hier gibt es nur hochaktuelle Trends bekannter Marken wie Paris Texas, Moncler, Anine Bing und natürlich SoSUE. PS: In Frankfurt am Flughafen gibt es einen weiteren Fashion-Ableger von Burresi.
● Turmalin: Tolle Auswahl an liebevoll ausgesuchten, hochwertigen Schmuck, Mode und Accessoires.
● Laufsteg Wiesbaden: Ohne Schleichwerbung machen zu wollen…aber wer hin und wieder 15 Uhr den Fernseher einschaltet, um Guido Maria Kretschmer zu sehen, wird diesen Laden kennen … Psst: Hier wurden schon einige Frauen zur Queen.
● Allotria Wiesbaden: Da ich leidenschaftliche Tante und Patentante bin, suche ich immer nach Mitbringseln für meine vier Mädels. Toll: Im Allotria gibt es hochwertige und stylische Mode für Babys, Kids und Teenager.
● EP’s Diva: Mein Highlight! Eine ganz, ganz zauberhafte Boutique – fast schon verwunschen. Hier gibt es Secondhand-Schätze, wie Sonnenbrillen von Dior, Taschen von Fendi oder Ketten von Paco Rabanne. Aber auch Eigenkreationen der Inhaberin Elke Peschke. Elke ist weitgereist und mit dem Herzen vor allem in Südfrankreich zu Hause. Das spürt man auch ihrem Laden und Stil an.
● Antiquitäten- und Kunstschätze in der Taunusstraße: Mir haben die Wiesbadener stolz erzählt, dass es nirgendwo in Deutschland eine vergleichbare Antiquitätenmeile gibt. Das kann ich nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, aber tatsächlich habe ich noch nirgends so viele gut ausgestattete Kunst- und Vintage-Stores vereint gesehen.
Culture Club
So geschmackvoll und weltgewandt, wie ich die Wiesbadener kennengelernt habe, wunderte es mich nicht, dass die City mich auch in Sachen Kultur nicht unbefriedigt zurückließ.
Wer Theater, Oper oder Ballett liebt, kommt am Hessischen Staatstheater nicht vorbei – logisch. Doch mir wurde besonders das “Kulturzentrum Schlachthof” ans Herz gelegt. Das Areal südöstlich des Hauptbahnhofes bietet eine erfrischende Alternative zum traditionellen “Hochkulturprogramm”. Auf dem Spielplan: eine Vielzahl an Konzerten unterschiedlichster Musikgenres, Poetry-Slams, Lesungen, Filmvorführungen, Flohmärkte und Partys. Noch was vergessen? Schaut selbst.
Winterliche Vorschau
Ihr Lieben…wir haben November. Und auch wenn ihr euren Jahresurlaub bereits ausgeschöpft habt: Für einen Tagesausflug oder einen Wochenendtrip bleibt doch immer Zeit, oder? Denn neue Orte haben im Winter doch immer einen ganz besonderen Reiz, findet ihr nicht auch? Ich finde ja eh, es muss zu Weihnachten nicht immer Paris, Wien, London oder New York sein. Wir können dem Charme der Vorweihnachtszeit auch woanders erliegen. Aber wo? Tja…seid gespannt.
Bis dahin: Bon Voyage ihr Lieben
Eure Isabel
Isabel Sophie Möller ist Journalistin für TV, Print und Online. Genauso ungern, wie sie sich für eine Plattform für ihren kreativen Output entscheidet, lässt sie sich auf ein Thema zum Schreiben festnageln. Mode oder Beauty? VIPs oder Royals? Bücher oder Netflix? Food oder Reisen? Man kann doch an alles sein Herz und seine Gedanken verschenken. Das macht sie auch – am liebsten in ihrer Reise-Schrägstrich-Lifestyle-Kolumne “Bon Voyage”, in der sie ihre Leser monatlich mit auf eine ihrer Entdeckungstouren nimmt. Mehr von Isabel gibt es auf ihrem Instagramaccount @the_italian_bazaar