Manchmal treffen wir Frauen, die einfach eine tolle Geschichte haben. So eine Frau ist Chinelo Egbuna-Redmann, die heute als Coach in Hamburg arbeitet. Für SoSUE hat sie uns ihre Geschichte aufgeschrieben. Wie alles begann und das es manchmal Umwege braucht, um das zu finden, was einem zufrieden macht.
Von Chinelo Egbuna-Redmann
Ich heiße Chinelo Egbuna-Redmann, bin jetzt fast 50 Jahre, Mutter dreier erwachsener Kinder und dies ist meine Story. Kennt das jemand? Da tritt jemand an dich heran und sagt zu dir: „Du, erzähl doch mal deine Geschichte. Wie bist du eigentlich zum Coaching gekommen? Gab es da mal etwas, was der Auslöser war?“ Meine erste Reaktion war - ohne Vergangenheitstrip, die zweite…der Trip war doch bislang mega trau dich! Eine von vielen Antworten also schon mal vorweg: JA, ich habe definitiv die ein oder andere Erfahrung im Leben, die dazu geführt hat, meine Medienkarriere nach 28 Jahren an den Nagel zu hängen und mein berufliches Dasein Menschen und ihren Leben, Träumen und Erfolgen zu widmen.
Angefangen hat alles mit einer sehr aufregenden jedoch sehr schwierigen Kindheit in Nigeria als Kind zweier Eltern, die ihr Leben der Architektur in Berlin, Lagos und Warri widmeten und in den 70er vielen Vorurteilen und Diskriminierung sowohl auf deutscher als auch nigerianischer Seite ausgesetzt waren.
Als „gemischtes Kind“, so bezeichne ich mich an dieser Stelle jetzt selbst mal ganz frei, war ich eigentlich überall und nirgendwo in beiden Kulturen daheim. Ich war zu Weiß, um Schwarz zu sein, zu Schwarz, um Weiß zu sein, zu deutsch, um nigerianisch zu sein und zu nigerianisch, um deutsch zu sein. Offen gesagt mal war das cool, mal fühlte es sich wie ein Haus ohne Dach an. Stets hieß es: „Sag mal, wo bist du eigentlich lieber? Kann ich mal deine Haare anfassen? Wohnt ihr in Nigeria in Hütten? Essen, Weiße zu viel Pfeffer oder weshalb sind sie so hell? Leuchtet deine Mama im Dunkeln? Muss dein Papa eigentlich immer lächeln, damit man seine Zähne sieht? Den sieht man doch auf Bildern kaum, weil er so dunkel ist.“ (damals fotografierte man vorwiegend schwarz-weiß).
Hinzu kamen Diskussionen auf beiden Seiten der Familien und Verwandtschaft über Religion, Werte, Monogamie und Polygamie - Themen, die meine Kindheit und vor allem Pubertät prägten. Ich wuchs mit dem Bewusstsein auf, dass Menschen grenzüberschreitend sind und sein dürfen. Dieser Mut allerdings wird von jeder Gesellschaft anders aufgenommen. Andere Hautfarbe, andere Denke oder auch anderes Geschlecht sind nicht immer willkommen. Ein Hauch Bockigkeit gepaart mit einer guten Prise Neugier und mein lebenslange Liebe für Menschen mit ihren Geschichten war somit geweckt. Zum Coaching aber ging es mehr als zwei Jahrzehnte über Umwege.
Im ersten Teil meines Lebens landete ich nach Abitur, Au-Pair und Studium erst als Chefreporterin der Bild-Zeitung, dann folgten BUNTE, MAX, Allegra und viele andere Zeitschriften. Danach folgten leitende Redaktionsposten unter anderem bei Life & Style, Living at Home und InTouch. Zwischendurch oder vielmehr zwischendrin bekam ich drei wunderbare Kinder, heiratete und alles schien soweit im Lot. Bis ich 2013 eines Abends um 22.45 Uhr auf unserem Dachboden hockte, gefühlt die hundertachtzigste Waschladung in den Trockner schmiss und plötzlich einen fünfstündigen Heulkrampf bekam. Ich saß auf dem blauen Linoleumboden, klammerte mich an eine XXL-Flasche Waschmittel und verstand die Welt nicht mehr. Ich dachte: „Hey, ist doch alles gut. Checkliste Mann, Haus, Kinder, Kohle -alles super. Nur, wenn alles so super ist, weshalb bin ich eigentlich so traurig, so gefühlt weit weg von allem und nichts?
In den darauffolgenden Jahren fiel mir auf, dass ich mich statt zu Menschen hin zu entwickeln, mich in die gegensätzliche Richtung bewegt hatte. All die jahrelangen Interviews, Storys über Stars und Sternchen, Menschen und ihre Erfolge, die Kinder, die Familie, der Alltag, das Auf und Ab der eigenen und familiären Existenz hatten dazu geführt, dass ich aber auch nicht ein Fünkchen mehr wusste, was mich eigentlich an mir selbst noch interessierte. Ich hatte das Gefühl, gelangweilter Gast in meinem eigenen Leben zu sein und beruflich ein unsichtbarer Interviewer ohne eigenes Ich im Lebens-Karussell anderer. Sätze wie: „Du bist nie zufrieden“ oder „gut ist nicht gut genug“ und „schwierige Kindheit? Na und? Jetzt lass doch mal die Vergangenheit ruhen“ verfolgten und beschäftigten mich.
Ich fing an, Bücher zu schreiben, weil ich mir selbst beweisen wollte, dass ich es kann und haarte weiterhin im Corporate aus (keine Sorge die Bücher waren keine Hits, das hätte ich an dieser Stelle erwähnt). Nebenbei meldete ich mich stets heimlich zu Fortbildungen, Vorlesungen, Seminare und Workshops mit der Thematik Psyche, Anthroposophie, Menschen und Firmen an. Ich fühlte mich plötzlich wieder von Menschen in ihrer Komplexität angezogen, traute mich allerdings nicht, das zu dem Zeitpunkt kundzutun. „Was, wenn die anderen denken, die spinnt ja“ oder „Was bildet die sich denn plötzlich ein?“ Lieber war es mir, meinen Forscherdrang im Verborgenen zu formen. Unter anderem mit der Hilfe von Paul Ekmann, Forscher für nonverbale Kommunikation und dem Besuch am Max-Planck-Institut in Hamburg. Die Vorträge und Einsichten, die ich dadurch erhielt, führten bei mir letztlich 2016 zu folgender Einsicht: stopp jetzt muss eine Auszeit her, fang an das zu tun, was du liebst oder zumindest starte den Versuch. Bleib nicht hängen und schieb anderen die Schuld für deine eigene Unzulänglichkeit hin!
Ich gebe gerne zu, so eine richtige Auszeit war meine nicht wirklich. Geld wächst bekanntlich nicht unbedingt auf den Bäumen, aber ich hatte das Glück im Marketing eines Familien-Unternehmen mit Schwerpunkt Medizintechnik via Zufall zugeraten, deren Inhaber total angetan von der Materie Mensch und seinen Fähigkeiten waren. „Wir wollten schon immer wissen, wie wir Mitarbeiter und uns selbst zu mehr befähigen. Wenn du also tiefer in dieses Gebiet eintauchen möchtest und wir ebenfalls von deinen Insights profitieren, indem du Mitarbeiter und Geschäftsführung coachst, haben wir einen Deal.“ Und so ging es los! Fortan saß ich zwischen drei Kindern, Job in Hamburg, Scheidung und eineinhalb Jahren Coaching-Studium Ende 2017 jeden Monat im Zug Richtung Heidelberg. Ziel Block-Unterricht am CTI Coaching Institute plus Ausbildung in Psycho-Physiognomik, der Antlitzdiagnostik beim Menschen. 2018 gründete ich meine Firma „CoSkills - coaching people“in Hamburg.
Puh! Ja, das war anstrengend, aber lohnenswert. Jede Zugfahrt war wie eine weitere Reise zu dem, was ich schon immer machen wollte, mich aber nie getraut hatte: den Menschen im Fokus, aber um ihn dieses Mal zu unterstützen und nicht wie das eine oder andere Mal in der Vergangenheit, um mich durch eine Mega-Story zu positionieren. Ich konnte nicht glauben, was das für ein erhebendes Gefühl war und bis heute ist. Menschen zu begleiten, zum Erfolg von Firmen beizutragen, indem ich ihre Mitarbeiter unterstütze, absolut nichts tue ich lieber- ich weiß: tuten tut man nicht!
Ich heiße Chinelo Egbuna-Redmann und dies ist meine Story- bislang.
Foto: Gulliver Theis
Die ehemalige Journalistin Chinelo Egbuna-Redmann ist in Berlin geboren und teilweise in Nigeria aufgewachsen. Die Mutter von drei Kindern arbeitet heute in Hamburg als Coach und hat sich auf Persönlichkeitsentwicklung spezialisiert. Wer mehr über ihre Arbeit erfahren möchte, empfehlen wir einen Besuch auf ihrer Website coskills.org