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Angst ist nichts für Feiglinge - Im Interview mit Susanne Kaloff

Die beliebte Lifestyle-Journalistin Susanne Kaloff hat keinen Ratgeber geschrieben, sondern erzählt offen und unterhaltsam, wie es sich anfühlt, im Teufelskreis der Angst gefangen zu sein. Sie erzählt von der eigenen Ratlosigkeit und der ihrer Freunde und Familie, von Therapien, von der Angst vor der Angst, dem Scheitern und dem Triumph über die Angst. Susanne Kaloff macht Mut, und findet am Ende ihrer Reise heraus: Angst will dir nichts Böses. Im Gegenteil.

Warum ist Angst in unserer Gesellschaft so unbeliebt?
Weil uns von klein auf eingetrichtert wird „Du musst doch keine Angst haben!“. Dabei schwingt immer mit: Und wenn du sie hast, behalte sie um Himmels Willen für dich. Angst ist ein Thema, bei dem die Temperatur im Raum sofort sinkt. Wir mögen nicht gerne drüber reden, weil die Angst der anderen uns Angst macht. Dabei ist es so wichtig, darüber zu sprechen. Genau jetzt in der Krise passiert aber genau das: Die Angst liegt auf dem Tablett, weil wir sie nun mehr oder weniger alle haben. Dadurch wird sie salonfähig.

Du bezeichnest Dich selbst als Sonderfall an Besorgtheit, warum?
Weil ich sehr sensibel bin, was Reize und Stimmungen von außen angeht. Wie ein Delphin beim Schlafen: Immer die Augen einen Spalt breit geöffnet. Stets auf der Hut, immer bereit, zu fliehen oder zu kämpfen. Aber es wurde besser, ich gelassener, je mehr ich mich der Angst näherte, statt sie um die Ecke bringen zu wollen.

Du hattest nie Flugangst, bist nach außen hin eine sehr selbstbewusste Frau, trittst im Fernsehen auf und führst Interviews mit Weltstars. Man möchte vermuten, dass dabei die große Angst lauert. Dabei sind es wohl aber die alltäglichen, banalen Dinge des Lebens (wie auf der Autobahn fahren), die Dich an den Rand des Nervenzusammenbruchs bringen. War das schon immer so?
Das ist nicht außergewöhnlich bei Menschen mit Panikattacken, von außen sieht man es ihnen nicht unbedingt an. Das macht es ja so schwer, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Oft sind jene, die so wirken als hätten sie ihr Leben so richtig im Griff, in Wahrheit durchzogen mit Angst-Autobahnen. Heute habe ich keine Panikattacken mehr, deshalb gibt es nur wenig Dinge, die mich an den Rand eines Nervenzusammenbruchs bringen. Aber Autobahnen gehören immer noch nicht zu meinen Highlights.

Woher kommt die Angst? Ist sie in unseren Genen und ploppt irgendwann wie ein Boje aus den Tiefen unseres Unterbewusstseins einfach auf?
Es könnte damit zusammenhängen, dass man belastende Erlebnisse in einem Ordner im Hirn ablegt und den Ort der Ablage danach nicht mehr findet. Sich nicht mehr bewusst daran erinnert, unterbewusst aber schon. Deshalb fliegen einem manche Ordner wohl auch erst Jahre oder Jahrzehnte später um die Ohren. Und dann erscheint es so, als käme die Angst aus heiterem Himmel. Dabei übersieht man, dass der Himmel häufig gar nicht so heiter war wie man annahm.

Du sagst, ähnlich wie Alkohol gehört die Angst zu den großen Tabuthemen – dabei gehört doch sehr viel Mut dazu über seine Ängste zu sprechen.
Ja, aber den Mut aufzubringen kostet Mut. Wir Menschen mögen gerne, dass alles gut ist, dass alles unter Kontrolle ist, wir die Dinge um uns herum beherrschen. Angst lässt sich nicht beherrschen, sie macht einfach nur Angst und man will sie loswerden. Darüber zu sprechen, scheint unangemessen zu sein, weil es mit Schwäche assoziiert wird. Langsam kommen wir da hin, zu merken, dass es eine große Stärke ist, und nur bearbeitet werden kann, was sichtbar und hörbar wird. Die Angst wegzudrücken macht sie nämlich wider Erwarten nicht kleiner, sondern zu einer Zeitbombe.

Jeder geht anders mit der Angst um: Die einen wollen sie bekämpfen, andere negieren sie und wieder andere ergreifen die Flucht um kompensieren. Wie ist Dein Weg der Angst zu begegnen?
Ihr liebevoll, stark und aufrecht zu begegnen. Ich habe mich eines Tages nach einer langen inneren und äußeren Reise, umgedreht und sie gefragt, was sie von mir möchte. Ob ich ihr irgendwie helfen kann, und auf was sie mich hinweisen will. Sie dient dazu, uns aufmerksam zu machen auf die Lebensthemen, die es lohnt, sich mal genauer zu betrachten.

Was hilft wirklich gegen Panik und Angst? Du beschreibst sehr mannigfaltig was Du über die Jahre alles ausprobiert hast, Deine Angst in den Griff zu bekommen. Was davon hat Dich wirklich weitergebracht?
Es gibt nicht ein Rezept, ich habe auch keinen Ratgeber geschrieben, dennoch gibt es in meinem Buch „Angst ist nichts für Feiglinge“ Tipps und Ideen, aus welchem Blickwinkel man Angst auch mal betrachten könnte. Ich nehme die Leser*in an die Hand auf meine Reise, in der sich sicher viele Menschen wiedererkennen. Zu teilen was mir half, hilft hoffentlich auch anderen. 

Welche Werkzeuge gibt es gegen Panikattacken?
Ich bin großer Fan von Übungen aus dem Kundalini Yoga, wie beispielsweise „Fists of Anger“. Die Fäuste des Zorns also, aber sie hilft vor allem auch bei Ängsten und Sorgen. Drei Minuten täglich reichen. Ich mache sie jeden Morgen mit dem Video von Mikal Vega (link)

Ist Yoga und Mediation das Allheilmittel gegen jegliche Ängste?
Nein, sicher nicht, aber es hilft dabei, den Geist zu beherrschen. Eine der wichtigsten Dinge, wenn man nicht mehr Opfer der Umstände sein will, sondern sich entscheidet: Okay, ab jetzt sitz ich am Steuer und gestalte mein Leben nach meinen Wünschen. Außerdem ist Atmung eines der wichtigsten Tools, um das Nervensystem zu beruhigen. Zum Beispiel kann man mal ausprobieren, paar Minuten nur durch das linke Nasenloch gleichmäßig ein- und auszuatmen. Das rechte hält man währenddessen mit dem rechten Daumen zu. Sofort stellt sich danach große Ruhe und Gelassenheit ein. 

Ein Schutz für Dich sind die vier Säulen um Dich herum. Du hast dafür ein sehr schönes Bild „Die innere Akropolis“ gewählt. Helfen Dir solche Bilder Dich gegen die Angst abzuschirmen?
Ja, eine der Visualisierungen, die ich hilfreich finde, wenn ich unter Menschen gehe, ist diese: Vier Säulen umgeben deinen Körper: vorne, hinten, rechts und links. Und in der Mitte bist du in deinem Zentrum, dort bleibst du, egal, was um dich herum geschieht. Das Gute an den Säulen ist, dass sie Schutz bieten, sie stützen, aber haben nicht die Wirkung eines Sargs. Sie bieten Halt, aber das Wesentliche dringt noch durch. Das ist auch eine gute Übung, wenn einem das Überqueren eines Platzes Angst macht. Diese innere Akropolis hat eine ähnliche Wirkung wie eine starke Schulter zum Anlehnen.


 

Danke liebe Susanne für das tolle Interview! Und wer jetzt gerne das Buch "Angst ist nichts für Feiglinge" lesen möchte, kann es bei seinem lokalen Buchhänder bestellen! Denn Buchhandlungen sind besonders von der Corona-Krise betroffen. Lest dazu gerne mal den Blogartikel "Unterstütze deinen Buchhändler".


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