Bon Voyage: Zu Besuch in der Goldenen Stadt Prag

 

Weil ein Jahresurlaub unserer Autorin Isabel nicht genügt, packt sie für gewöhnlich aller paar Wochen ihre Taschen und Koffer, um neue Orte zu entdecken. Manchmal auch nur für eine Nacht – egal. So lässt sich Fernweh eben auch ganz gut stillen. Wo es zuletzt hinging, was sich lohnt und was nicht, verrät sie in “Bon Voyage”. Jetzt war sie für SoSUE in Prag.


 

 

Von Isabel Sophie Möller 

Hello again: Die ersten Monate von 2023 haben reingehauen. Schon der 31.12. lief wenig geschmeidig, im Gegenteil. Dementsprechend blieb kaum Zeit für Reise-Euphorie und Kofferpacken. Doch: Ich bin Back in the Game und on the Road again. 

Spontane Auszeit gebucht, Wetter gecheckt und los gehts: Das vorgezogene Aprilwetter konnte mich nicht abschrecken und so fuhr ich dick eingepackt im Zwiebellook ins Blaue. Nach - Trommelwirbel - Prag! Der erste Ort, der mir eingefallen ist - kein Scherz.

 

Der Ostwind hat mich mal wieder gerufen - und ich bin gefolgt. Zuletzt besuchte ich Prag 2015 – zu Silvester. Dementsprechend wenig habe ich von der Stadt gesehen…ohne jetzt zu weit auszuholen. Wir können es uns denken.

Dieses Mal lasse ich mich auf eine entschleunigte Prag-Version ein. Der Plan ist: Keinen Plan zu haben.

Sonst bin ich immer diejenige, die alles durchtaktet. Hotel, Restaurants, Läden, Museen - alles vorab aufwendig recherchiert und in die To-Do-Liste eingetragen. Für mich funktioniert das, Organisieren und Genießen schließen sich nicht aus. Doch dieser kleine Trip ist eine selbstauferlegte Spontanitäts-Challenge…die beim Parken anfing.

Ankommen in Prag: Gastfreundlichkeit next Level.

Da ich nichts geplant hatte, fuhr ich einfach zunächst ins Stadtzentrum, genauer: in den Altstädter Ring. Völlig überfordert versuchte ich die Parkuhr zu bedienen, aber meine ungelenken Versuche wurden je unterbrochen, als mir sehr zuvorkommende Einheimische halfen. In den Genuss der Prager Gastfreundlichkeit sollte ich noch öfter kommen.  

Sicher und günstig geparkt: Check. Next: Frühstück. Für alle, die es noch nicht wissen: Tschechiens Küche und Backhandwerk sind fulminant - und kalorienreich, aber ganz ehrlich? Was solls. Kalorien zählen auf Kurzreisen nicht.

 

 

Kulinarik: Heftig-deftig im historischen Zentrum

Meine ganz große Empfehlung: Die Patisserie  “Au Gourmand” in der Prager Altstadt. Ach was sage ich: Streicht Empfehlung - es ist ein absolutes Muss! Feine Törtchen, saftig-süßes Schmalzgebäck und den besten Kaffee mit Schuss. Und was für ein Schuss! So leicht beschwipst am Morgen lässt es sich herrlich in den Urlaub starten, auch wenn ich Trinken natürlich an dieser Stelle nicht glorifizieren möchte (schrieb sie schmunzelnd…).

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Bleiben wir direkt beim Essen und drehen die Zeit etwas vor, nämlich zum Abendessen: Die Tschechen mögen Fleisch, so viel ist klar. Knödel mit Gulasch oder Würstchen….wer gerne deftigen Speisen frönt, der sollte unbedingt einen Abstecher in die Kaufhalle “Gurmet Pasáž Dlouhá” machen. Hier findet sich alles, was das kulinarische Herz begehrt. Ob süß, herzhaft, Fleisch, Fisch, Käse, Austern, Bier oder Champagner: Alles ultra-frisch und auf geschmacklich hohem Niveau. Pluspunkt: Von früh bis abends gibt es musikalische Live-Untermalung von talentierten Straßenkünstlern.

Etwas bodenständiger, dafür aber höchst authentisch geht es im familiengeführten “Restaurant zur Müllerin” in der Nerudova-Straße zu. Hier wird echte tschechische Küche im rustikalen Ambiente serviert. Angeblich, so wurde mir gesagt, wird noch nach den alten Rezepten der Großmutter gekocht. So schmeckt es auch! Und auch Vegetarier kommen auf ihre Kosten. Ich kann den in Honig geschwenkten Ziegenkäse empfehlen. Kredenzt mit dem guten tschechischen Bier, versteht sich!

Übrigens: Die tschechische Küche hat einige deutsche Einflüsse, gerade was Fleischgerichte betrifft. Das ist die “tschechich-deutsche Würstchen-Freundschaft” wie mir der Inhaber der “Müllerin” lachend anvertraute.

 

Must-Do’s in der Goldenen Stadt

Mit vollem Bauch spazierte ich aus dem “Restaurant Müllerin” direkt ins nächtliche Treiben Prags hinein. Die Gastronomie befindet sich nur ein paar Meter von der Moldau entfernt. Und dort pulsiert die Stadt. Bei Temperaturen unter null Grad (im März!) luden mich Einheimische zum Lagerfeuer und Becherovka am Wasser ein. Ist das die tschechische Seele? Mir gefällts!

 

 

Für all diejenigen, die Prag zum ersten Mal besuchen, hier eine kleine Kurzfassung der absoluten Highlights der Stadt: Altstädter Ring, Prager Burg, Karlsbrücke und das Rathaus mit der berühmten Prager Astronomischen Uhr. Das Beste: Alles liegt nah beieinander, verlaufen ist quasi nicht möglich.

 

 

Prag-Fortgeschrittenen empfehle ich einen Besuch der Prager Filmstudios Barrandov –  eines der größten und ältesten Filmstudios Europas. Hier wurden Klassiker wie “Mission: Impossible” und "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel” gedreht. Wow…was für eine Mischung.

 

Kunst und Kultur im “Josefov” – dem Jüdischen Viertel

Wer Prag sagt, muss auch Kafka lesen – sagte schon meine Deutschlehrerin. Also ab ins “Josefov”, das jüdische Viertel der Stadt. Das ist exklusiv, mondän und ein wahres architektonisches Highlight. Anders als in vergleichbar altehrwürdigen Städten wurde es ab 1893 im edlen Jugendstil neu aufgebaut. Die jüdischen Bewohner wohnten bereits damals außerhalb des Gettos in der ganzen Stadt verteilt, ein paar alte Synagogen blieben dem Viertel aber erhalten.

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Mein Tipp: Besucht die Altneu-Synagoge – die älteste aktive Synagoge Europas (Eintritt rund acht Euro pro Person). Sie wurde 1270 (!!!) erbaut. Die Legende sagt, dass Engel Steine vom zerstörten Tempel aus Jerusalem nach Prag brachten und daraus die Synagoge erbauten. Deswegen der Name “Altneu”, hebräisch “Al Tenai”.

 

Bye bye Touris: Holešovice, das alte Arbeiterviertel Prags

Kontrastprogramm: Umgebaute Fabriken, trendige Cafés, Kunstgalerien und Pop-up-Stores – Holešovice war früher ein Industriegebiet. Heute ist es DAS Szeneviertel des jungen Prags. Touristen trifft man hier eher selten an. Zugegeben: Man muss es mögen. Den alten Glanz von Prag spürt man hier eher nicht. Einen Besuch war es dennoch wert.

 

 

 

Where to Stay: Übernachten in der Prager Neustadt

Viele Besucher konzentrieren sich nur auf die Prager Altstadt. Verständlich: Die architektonische Schönheit liegt auf der Hand, aber meiner Meinung nach macht man einen großen Fehler, wenn man die anderen Viertel einfach ausblendet. Ich habe selten eine so vielfältige und durch und durch spannende Stadt besucht.

Deshalb lege ich jedem für einen Kurztrip “Miss Sophie’s Hotel” in der Neustadt ans Herz. Ohne Frühstück kann man hier schon für 85 Euro pro Nacht wohnen. Die Zimmer sind mädchenhaft verspielt, “böhmischer Vintage-Style” nennt man das anscheinend. Viel Spitze und helle restaurierte Möbel. 

 

Culture Club: Lese- und Streaming-Empfehlung

Zufall oder nicht: Bei meinen Lese-Sessions stoße ich immer wieder auf Bücher, die in Prag spielen. Auf der einen Seite aber auch verständlich, denn die bewegte Geschichte der Stadt bietet reichlich Inspiration. Hier meine Empfehlungen, die auf den nächsten Trip in Tschechiens Hauptstadt einstimmen:

●      “Der Friedhof in Prag” von Umberto Eco

●      “Die unglaublichen Abenteuer von Kavalier & Clay " von Michael Chabon

●      “Praga magica“ von Angelo Maria Ripellino

Eine Netflix-Empfehlung: Eher durch Zufall entdeckte ich den deutsch-tschechien Film “Die Geliebte des Teufels”. Der Film handelt von der Beziehung zwischen der tschechoslowakischen Schauspielerin Lída Baarová (die in den Prager Filmstudios ihre Karriere begann) und Joseph Goebbels. In Rückblicken erzählt die mittlerweile hochbetagte Baarová einer jungen Journalistin ihre Lebensgeschichte.

So…das war ein kleiner Marathon. Meine Finger sind müde, meine Gedanken kreisen immer noch – aber bevor ich wieder diese Kolumne noch länger wird, wünsche ich euch wie immer: Bon Voyage – und ab nach Prag!

Eure Isabel

 


 

 

Isabel Sophie Möller ist Journalistin für TV, Print und Online. Genauso ungern, wie sie sich für eine Plattform für ihren kreativen Output entscheidet, lässt sie sich auf ein Thema zum Schreiben festnageln. Mode oder Beauty? VIPs oder Royals? Bücher oder Netflix? Food oder Reisen? Man kann doch an alles sein Herz und seine Gedanken verschenken. Das macht sie auch – am liebsten in ihrer Reise-Schrägstrich-Lifestyle-Kolumne “Bon Voyage”, in der sie ihre Leser monatlich mit auf eine ihrer Entdeckungstouren nimmt. Mehr von Isabel gibt es auf ihrem Instagramaccount @the_italian_bazaar 

 


Tags: Reise, Prag

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