Das Bügel-Zen: Wenn es im Leben mal glatt läuft

 SoSUE_Buegeln_KungShing_15H0IeOwOdE6PN

Bügeln ist für viele eine ungeliebte Aufgabe. Für SoSUE Mann Knuth ist Bügeln die Perle von allen Hausarbeiten. Hier kann er entspannen. Oder sind es vielleicht doch nur seine Gene? Eine Spurensuche.

Bei Backbord und Steuerbord war die See leicht aufgewühlt. Manchmal querte eine größere Welle meinem glänzenden Bug. Ich schaute zurück auf das Kielwasser. Das Bügeleisen hinterließ eine glatte Furche im Tuch.

Beim Bügeln versinke ich immer, nicht in Wäsche, eher in Träume.

Küchenpsychologen sprechen von sinnentleerten Handlungen, wenn Menschen monotone Arbeit machen. Sie sind da nicht mehr bei der Sache. Ich muss häufig bei der Sache sein. Wenn sich meine Sinne mal leeren, dann stört mich das nicht. Beim Bügeln gelingt mir das ganz gut. Dann wird ein Bettlaken zu einem Ozean. Wieder andere Küchenpsychologen behaupten, dass sich Menschen in einen „Flow-Zustand“ begeben, wenn sie sich völlig auf eine Sache konzentrieren. So eine Manschette braucht meine ganze Aufmerksamkeit, die fast zum Verlust der Wahrnehmung führt. Ich verliere dann das Gefühl für die Zeit und den Raum. Auch damit kann ich leben. Gut möglich das ich am Bügelbrett eine Art Hybrid bin, der beide geistige Abwesenheitszustände mischt und den sinnentleerten Flow pflegt.

Ich musste schon früh Pflichten im Haushalt übernehmen. Eine meiner Lieblingsaufgaben war damals schon das Bügeln. Das heiße Bügeleisen stellte für mich als Kind keine Gefahr dar. Andere Mütter lobten mich sogar, dass ich schon allein Bügeln konnte. Es war eine andere Zeit. Erwachsene trauten Kindern einfach mehr zu. Es ist in all den Jahren nicht wirklich viel passiert. Bis heute gab es keine Verbrennung an Haut oder Stoff.

Wäsche wegbügeln ist kein heißes Eisen für mich, es ist eine Kunst und es bildet.

Wenn ich mit dem Bügeleisen über den Stoff gleite, lerne ich mehr über Mode, als auf Instagram. Erst beim Bügeln wird es klar, ob Qualität und Design wirklich ihr Versprechen halten können. Schnitte, Stoffe, Zierfalten oder Rüschen fordern mich heraus und machen das Bügeln zu einem komplexen Akt. Der Umgang mit dem Bügeleisen ist eine hohe Kunst. Eine Unachtsamkeit und so eine ungebügelte Falte begleitet mich den ganzen Tag. Mich stört so etwas und ich bilde mir ein, dass sie das ganze Outfit vermasselt. Es ist wie eine raue Stelle, über die ich ständig rüberstreichen muss.

Am Bügeleisen bewundere ich, dass es ein Demokrat ist, es behandelt alle Kleider gleich, die Herkunft oder Status sind ihm egal. Unter ihm sind Chanel oder Zara bloß Stoffe, die einfach nicht glatt sind. Eher undemokratisch geht es zu, wenn ein Korb mit Wäsche weggebügelt werden muss. Es sind immer noch die Frauen, die dafür sorgen, dass es im Leben der Männer faltenfrei bleibt. Dabei müssten Männer Bügeln eigentlich lieben. So ein Bügeleisen ist heißer, als ein Weber Grill. Manche Modelle schauen aus, wie aus einem Star-Wars-Film und wenn sie wollten, könnten Kerle hier mal richtig Dampfablassen. Nichts da. Bügeln bleibt Beziehungsballast im Alltag.

Warum ich ausgerechnet auf Bügel-Zen stehe?

Keine Ahnung. Vielleicht mag ich Bügeln auch nur, weil ich ein halber Chinese bin. In vielen Wäschereien weltweit arbeiten Menschen aus meinem Genpool. Vielleicht mag ich es einfach nur ordentlich. Vielleicht bin ich einfach auch nur froh darüber, dass es wenigsten beim Bügeln bei mir glattläuft.

Foto: Kung Shing - Beim Bügeln läuft bei mir immer alles glatt, nur mit dem Weghängen habe ich es nicht so - irgendwas ist auch immer. Sorry Celia !


The fields marked with * are required.

I have read the data protection information.