Der Heilige Gral

Michael Sontag ist sehr schön. Alles an ihm passt zusammen. Das Innen, sein Bart und seine Augen. Sie sind einfach so, rein äußerlich,schön.  Und dann sind sie eben auch schön, weil sie Zugang öffnen zu seinem  Land.

Es ist keine Ironie und kein Versuch, dem Trend zu gefallen, in seiner Mode. Mode hat doch ein eigenes Leben, muss doch nicht Kunst oder Kommerz sein, will ich ihm sagen, als er mir davon erzählt, dass er das schwierig findet, wo denn die Mode eigentlich ihr Zuhause hat. Vielleicht muss Mode gar nicht so ein Zuhause haben, muss sich nicht als Kunst beweisen und darf trotzdem gekauft und getragen werden.

Das wünsche ich mir bei Michael Sonntags Mode am Meisten, dass sie getragen wird. Ich wünsche mir, dass diese ha., ich möchte sagen geilen Fummel, nein, Blödsinn beiseite, dass diese zarten und kostbaren Stoffe, in ihren wunderbaren Farben auf den Strassenum die Körper herumwehen, dass eine klassische und poetische Schönheit wie aus Gemälden, tut mir leid, Michael, werde bitte nicht rot, so sehe ich das, also dass die Stoffe etwas tun, das mein Auge bannt. 

Ich habe einen mintgrünen Mantel von Michael, der ist so, genau so, ich will ihn durch das Berliner Grau stehen sehen. Er fällt toll, wenn ich ihn im Stehen anhabe oder er mit seiner Üppigkeit an meiner Stuhllehne herausschwappt, aber wenn ich gehe, entwickelt er irgendwie seinen eigenen Flugmechanismus und weht mir treu im Rücken.

Eine Freundin erzählte mir, wie alle ihre Reisebegleiter schockiert auf ihr wunderschönes Michael Sontag Kleid starrten, dass sie tatsächlich auf einer Autofahrt nach Usedom trug,  es war ja nicht nur heiss, sondern auch zwei kleine Kinder mit ihren Wünschen im Auto , aber diese tolle Frau sagte, na und, das ist doch Seide, das kann ich doch waschen, und wieso soll ich nicht immer großartigaussehen und ausserdem fühlt sich der Stoff auch so toll an! Ha, das sagt doch alles! 

Irgendwie schafft Michael es, seine Klugheit in die Kleidungsstücke hineinzudrapieren. Er drapiert und seine Finger verwandeln den Stoff wohl in etwas Besseres, klug und schön, weil das Innen und Aussen ist bei ihm eines. Die Oberfläche schön, das Gegenteil von oberflächlich. Ich frage ihn nach Schönheit, er sagt, das ist wohl der heilige Gral. Ich verstehe das, finde aber, dass das bei ihm nicht etwas Unerreichbares ist, sondern er sie immer wieder findet.

Sein Laden in Kreuzberg ist klösterlich schön, aber am Meisten gefällt mir, dass er sich seine Regeln aufstellt und in einer Welt voll Äusserlichkeiten und Trends, was immer das auch sein mag, seine Eigenheiten nicht nur behält, sondern sichtbar zum Blühen bringt, tatsächlich konzentriert wie ein Gärtner die Visionen seiner Kollektionen pflegt. Eine Blume darf einfach schön sein, und kein Mensch spricht ihr das Innere ab. Ich freue mich schon sehr auf seine Show am Donnerstag im Kaufhaus Jandorf während der Fashion Week in Berlin, wenn seine Blumen an mir vorbeiziehen und sie mich entzücken.


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