Knuths Lost & Found März 27

 

Der letzte Monat war der sonnigste März, den Knuth je erlebt hat. Die grauen Tage konnte er an einer Hand abzählen. Er war viel am Handy und verfolgte Ukrainekrieg auf Social Media. Viele zeigen hier ihre Betroffenheit. Das gefällt nicht allen. Knuth hat damit weniger Probleme. Warum? Das erfahrt ihr hier. Außerdem hat er noch ein paar Kulturtipps für euch parat, die er für sich entdeckt hat.

 #InstaPeace

März 2022 – Jedes Jahr wählt das Pantone Color Institut eine Farbe des Jahres. Für 2022 war es Pantone 17-3938 Very Peri. Wer es weniger hipper mag, kann auch Lila dazu sagen. Aber das Schicksal hatte andere Pläne, es interessiert sich nicht für die Bestimmung, die Menschen machen. Es macht, was will. Und so sind Blau und Gelb jetzt die Farben des Jahres.

Die Landesfarben der Ukraine sehe ich überall: Kinder kritzeln sie mit Kreide auf die Bürgersteige, stolz flattern sie auf den Balkonen, als Schleife werden sie am Revers getragen und sie zieren viele Werbeplakate.

Auch in der digitalen Welt zeigen die Leute die ukrainische Flagge. Kaum waren die ersten Einschläge in Kiew in den Social Media Feeds zu sehen, folgten alle möglichen Blau-Gelb-Kombinationen, gemischt mit Spendenaufrufen, Empörungen und Solidaritätsbekundungen. Nach all den Jahrzehnten des Friedens und der Sorglosigkeit in Deutschland sitzt der Schrecken über den russischen Angriff sehr tief. In den Filter-Wirklichkeiten auf Instagram und Tiktok war der Krieg plötzlich sehr nah. Daher wundert es mich nicht, dass sich sogar Menschen zu Wort melden, von denen ich es bisher nicht erwartet habe. Für mich ist das in Ordnung, weil es zum Teil auch der kollektiven Bewältigung dieser Katastrophe geschuldet ist. Und die findet heute nicht nur als Statement auf einem Stoffbeutel, sondern auch im Internet statt.

Ich gebe zu, dass manches davon, was ich im Web sehe, etwas seltsam ist, wenn auf Accounts zwischen Katzenfotos, Handtaschen, Aperol-Spritz oder Sonnenuntergängen plötzlich die Realität des Krieges mit der üblichen Peace-Folklore verarbeitet wird. Das mag kitschig oder unverhältnismäßig aussehen, aber es sind die Mittel der Zeit. Ich denke, die Anteilnahme ist echt und ich nehme sie ernst. Für mich ist das vollkommen in Ordnung, so lange es kein Selbstmitleid ist.

Aber jetzt eine selbstgerechte Moralkeule beispielsweise gegen Influencer zu schwingen, halte ich für übertrieben. Im Grunde ist es das ewige Duell: Auf der einen Seite stehen die alten etablierten Medien und ihnen gegenüber stehen die neuen Medien. Die einen wollen mit Narrativen ihr Publikum begeistern und die anderen mit Storytelling ihre Follower überzeugen. Als Leser und Zuschauer weiß ich, dass es beiden Parteien nicht nur um Informationen geht, es geht ihnen auch um die Aufmerksamkeit und die Deutungshoheit.

Jeder in diesem Medienzirkus veröffentlich auch belanglose Inhalte. Meine eigenen Beiträge schließe ich nicht einmal davon aus. Mittlerweile habe ich mich an die bunte Mischungen von Meinungen und Geschichten aus den unterschiedlichen Quellen und Kanälen gewöhnt. Immer wieder finde ich gute Beiträge. Es zu trennen fühlt sich für mich wie das 20. Jahrhundert an. Das macht doch nur noch die Dichter-und-Denker-Frontrow, die Bücher immer noch in ernste und unterhaltsame Literatur einteilt.

Gerne hätte ich dazu den TV-Komiker und Teilnehmer der TV-Tanzshow „Dancing with the Stars“ und jetziger Präsidenten der Ukraine Wolodimir Selenski, dazu befragt. Ich glaube, es wäre ihm egal, woher die Unterstützung gerade kommt, wichtig wäre es ihm, dass sie sein Land im Kampf gegen die russische Invasion stärkt. Vielleicht würde er, der selbst die digitalen Medien gekonnt einsetzt, noch darauf hinweisen, dass über Facebook und Co viele Menschen mobilisiert worden sind, um der Ukraine beizustehen.

Solange dieser Krieg tobt, werden die Leute auch weiterhin ihre Meinungen und Gefühle in ihre Netzwerke tragen. Wir sollten alle Anstrengungen unternehmen, dass bald wieder Frieden ist. Jeder Insta-Post und jeder Zeitungsartikel der gegen den rusischen Angriffskrieg hilft und ist willkommen.

 

***

 Schon vor der Pandemie habe ich mich gefragt, wer eigentlich diese ganzen Preisverleihungen wie Oscar oder Golden Globe noch braucht? Mein Eindruck ist, dass sie wirklich keinen mehr interessieren, selbst der Red Carpet ist unwichtig geworden, weil er ja jeden Tag auf meinem Handy ausgerollt wird. Die Oscar Verleihung im März war der absolute Tiefpunkt. Vielleicht sollten alle diese Events, wo Promis Preise an Promis vergeben, sich von Promis bejubeln oder ohrfeigen lassen, einfach mal für ein paar Jahre aussetzen.

 


 

Wunderbare Jahre

 

Der 12-jährige Dean Williams lebt mit seiner Familie in einem netten und sauberen Vorort von Montgomery, Alabama. Sein Vater ist ein Musikprofessor, die Mutter arbeitet als Sekretärin, seine große Schwester engagiert sich in der Black Power Bewegung und der Bruder ist in Vietnam. Die Disney Serie zeigt den Alltag von Dean und seiner afroamerikanischen Familie in den 60er-Jahren. Er hat jede Menge Teenagerprobleme wie alle Jungs in dem Alter. Die Rassenunruhen und der Rassismus werden thematisiert, aber sie stehen nicht im Mittelpunkt. Endlich mal eine Serie, die Afroamerikaner anders zeigt: Keine brennenden Mülleimer und keine Zuhälter, dafür jede Menge komische Situationen und gute Unterhaltung.

Wunderbare Jahre - verfügbar auf Disney Plus

 


 

Erfindung der Hausfrau

 

 

Als ich das Buch entdeckte, habe ich mich tatsächlich gefragt, wer hat die Frauen in die Rolle der Hausfrau gedrängt. Die Corona-Pandemie hat das Rollenbild nur verstärkt: Frauen leisten den größten Teil der Care-Arbeit. Evke Rulffes blickt zurück und zeigt anhand von historischen Quellen, wie es zu dieser „Geschichte einer Entwertung“ kommen konnte. Das Bürgertum hat viel für die Freiheit getan, aber nur, wenn sie weiß und männlich war. Frauen mussten weiterhin Kinder kriegen, den Haushalt führen und gleichzeitig vorzeigbar sein. Es gibt auch heute Abhängigkeitsverhältnisse, die dem 19. Jahrhundert gar nicht unähnlich sind. Erhellend steht hinten auf dem Buchdeckel. Das stimmt.

Erfindung der Hausfrau   – Evke Rulffes, 288 Seiten, Verlagsgruppe Harper Collins

 


 

Wet Leg

 

 

Frauen, die muffig an der Gitarre rumzupfen, dabei manchmal seltsam zappeln und irgendwie nach alten Kassettenrecorder klingen, gewinnen sofort mein Herz. Songs wie „Wet Dream“ oder „Chaise Longue“ würde ich am liebsten ganz laut hinten in einem Bus in der letzten Sitzreihe hören. Alternativ würde ich auch eine Fußgängerunterführung nehmen und es spontan dort mal scheppern lassen. Warum? Weil dieser gute britische Indie-Rock von Rhian Teasdale und Hester Chambers gefühlsmäßig dort hingehört. Ich bin dankbar für den Sound. Das es die beiden Musikerinnen von der Isle of Wight über den Kanal zu mir geschafft haben, freut mich, denn als Hamburger fand ich Bands, die von der Insel stammen, schon immer sehr spannend.

Wet Leg  – Wer Leg verfügbar auf Apple Music und Spotify

 


 

House of Gucci

 

 

Auf dem Internetportal Nachnamen.net tragen etwa 800 Italiener den Namen Gucci und stehen damit auf Platz eins, es folgen Indonesien mit 302 Guccis und Kenia mit 253 Guccis. In Deutschland gibt es null Guccis. Bei diesem Namen weiß jeder sofort, dass es um Schönheit, Stil und Luxus geht. Das Modehaus gehört zu den bekanntesten, was die Fashionwelt zu bieten hat. Das sich dahinter auch ein Drama verbirgt, wussten wahrscheinlich nicht mal die schicksten Fashion-Redakteure. Der Film zeigt die dunklen Geheimnisse des Hauses Gucci. Sodom und Gomorrha, nicht mal Dante hätte sich so eine Geschichte ausdenken können. Mamma Mia, der Film ist großartiges Kino mit Lady Gaga (richtig gut) und Adam Driver (super gut). Mein Liebling Jared Leto (mega gut) als durchgeknallter Paolo Gucci. Allein seine irren Cordanzüge sind sehenswert.

House of Gucci – verfügbar bei u.a. auf Apple TV, YouTube, Amazon Prime

 


 

Meister und Margarita

 

 

Der Teufel besucht mit seinen bösen Gehilfen das stalinistische Moskau in den 30er-Jahren. Da zu der Zeit keiner mehr an Gott und somit auch nicht mehr an den Satan glaubt, hat er ein leichtes Spiel. Er richtet ein großes Chaos und viel Schaden an. Die Offiziellen bestreiten alles und sprechen von einer Massenhypnose. Nur der bekloppte Schriftsteller, der sich Meister nennt und seine Geliebte Margarita entkommen. Ein wirklich komischer Roman von Michail Bulgakow. Das Kultbuch erzählt viel über die damaligen Verhältnisse in der Sowjetunion. Wichtigste Zitat: „Glauben Sie wenigstens an den Teufel!“ Angesichts der aktuellen Ereignisse in Europa, mache ich das wieder, denn in Moskau scheint sich nichts verändert zu haben.

Meister und Margarita – Michail Bulgakow, 608 Seiten, DTV Verlag  (Mein Bild zeigt meine Ausgabe, die ist etwas älter)

 

 

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Danke, dass du dir etwas Zeit genommen und meinen Beitrag gelesen hast. Häng hier nicht weiter rum. Geh in die Welt und erlebe etwas. Viel Spaß und bis bald.

 


 

Knuth Kung Shing Stein ist Gründungsmitglied von SoSUE und unterstützt noch weitere Marken als PR Berater und Content Curator. Er selbst beschreibt seine Arbeit als „irgendwas mit Medien“. Der Hamburger würde am liebsten auf einen Berg mit Strand ziehen. Mehr über Knuth erfahrt ihr auf seiner Website Collideor and Scope.

 


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