Knuths Lost & Found April 16

 

Schon wieder ist ein Monat vorbei. Zeit für Knuths aktuellen Rückblick. Hier schreibt er immer über Dinge, die bei ihm in den letzten Wochen hängen geblieben sind. Erfahrt, warum er froh darüber ist, wieder etwas zu verpassen und welche Bücher, Filme und Musik ihn begeistert haben.

 #JOMO 

April 2021 – Verschwende deine Zeit nicht mit diesem Text. Lies das bitte nicht. Wisch oder klicke bitte weiter. Dir entgeht wirklich nichts.

Ich weiß nicht, wie es dir damit geht, aber die Sorge, etwas zu verpassen, wird in letzter Zeit bei mir kleiner. Die kleinen Zahlen, die an den Apps kleben und mir sagen, dass ich sie dringend öffnen soll, weil ein Topf voll Gold auf mich wartet, lösen bei mir keinen Öffnungsreflex mehr aus. Auch Netflix kann mich mal, wenn es mir neue Serien vorschlägt. Stories oder Reels auf Instagram schaffen es nicht mehr, mich zu narkotisieren.

In meinem Irgendwas-Mit-Medien-Job war das Verlangen nichts zu verpassen, stets sehr groß. Außerdem mag ich die Annehmlichkeiten, die das Smartphone bietet. Hier ist alles an einem Ort und ich kann zwischen meiner Tageszeitung und E-Mails gemütlich Hin und Her switchen. Aber die digitalen Möglichkeiten wurden immer mehr und übten auch privat einen großen Reiz auf mich aus. Alles verschmolz miteinander. Ich verlor die Übersicht.

Es floss alles nur noch so vor sich hin. Wobei die Pandemie das Fließen nicht schneller gemacht hat. Der endlose Strom an Informationen ist nur noch sehr viel breiter geworden. Und so trieb ich auf diesem Fluss und sprang von Baumstamm zu Baumstamm, ohne jemals ein Ufer zu erreichen. Hier ein paar Fotos liken, dort einen Text lesen, kurz ein Video schauen, eine Sprachnachricht abhören, Tweets teilen und Mails checken. Auf einem Klick folgte noch ein weiterer Klick. Das ging immer so weiter.

In der Echtwelt hatte mein antrainierter Snobismus mir immer dabei geholfen, dass ich Hypes herausfiltern konnte. Seltsamerweise funktionierte es auf Instagram oder auf Youtube nicht. Keine Ahnung, wie das passieren konnte. Ich gebe meinem Opportunismus und meiner Überheblichkeit die Schuld.

Die technischen Vorteile will ich weiter nutzen. Verweigern und verteufeln bringen mir nichts. Als fortschrittsgläubiger Mensch halte ich es sogar für falsch. Aber ich muss ja nicht mehr auf jedem Baumstamm hüpfen, der an mir vorbeigetrieben kommt. In Zukunft will ich meine Impulse wieder besser kontrollieren und mich darauf fokussieren, was wirklich wichtig ist. Bewusst und verantwortlich im Internet zu agieren, das übe ich jetzt wieder. Das ist nicht immer einfach, aber meine Widerstandskraft wächst wieder langsam.

Dabei gehe ich wie die Achtsamkeits-Entrümplerin Marie Kondo vor, die bei jedem Ding immer fragt, ob es einem Freude macht oder nicht. Wenn es keine Freude macht, kommt es in den Müll. Ich lösche, reduziere, bestelle ab und entnetze mich. Weniger ist am Ende mehr. Bisher habe ich nicht das Gefühl, etwas zu verpassen.

Natürlich versuche ich auch selbst weniger zu posten. Ich mag ja keinen nerven. Daher möchte ich auch nicht weiter deine Aufmerksamkeit beanspruchen. Also, wenn du jetzt noch immer dran bist, dann solltest du jetzt aufhören. Hier verpasst du nichts. Du hast bestimmt Wichtigeres zu tun. Glaub mir.

***

 

Endlich mal ein Mann, der die Eier hat und einer Frau den Vortritt lässt. Danke Robert. Annalena wird Kanzlerkandidatin der Grünen. Die Dieselmotoren Armin, Markus, Christian und Olaf setzen weiter auf Stabilität, übersetzt heißt das: Lass uns weiter auf der Stelle treten. Nicht das Annalena eine perfekte Politikerin ist, aber sie möchte vieles anders machen und auf anders habe ich gerade große Lust. Was mir im April noch Vergnügen bereitete, erfahrt in meinen Tipps.

 


 

Der unglaubliche kleine Bücherfresser

 

Zu meinen Pflichten im Haushalt gehört es, dass ich regelmäßig zum Altpapiercontainer gehe. Ehrlich gesagt, mache ich das gerne, weil ich hier meiner soziologischen und anthropologischen Neigung nachgehe. Neben den vielen Verpackungen und Kartons finde ich auch Kontoauszüge, Briefe, Hausarbeiten, Notizen, Fotos, Akten und immer mehr Bücher. Hier entdeckte ich auf einem Stapel alter Zeitungen das Kinderbuch „Der unglaubliche kleine Bücherfresser“. Es ist ein wunderbares Pop-up-Buch. Es geht um Henry, der anfängt, Bücher zu essen und dabei immer schlauer wird, ganze Bibliotheken verspeist er, bis er nicht mehr kann. Das Buch gehört in ein Regal und nicht ins Altpapier.

Der unglaubliche kleine Bücherfresser – Oliver Jeffers, Pop-up Version, 12 Seiten, Aufbau-Verlag  (Das Buch gibt es scheinbar nur noch antiquarisch, ein Blick bei Ebay oder Amzone lohnt übrigens,  das einfache Bilderbuch ist auch klasse)

 


 

Frieden

 

Sommer 1945, der Zweite Weltkrieg ist vorbei. In der Schweiz tummeln sich Nazis, die sich den Zugriff der Alliierten entzogen haben, um ihr geraubtes Vermögen in Sicherheit zu bringen oder sich einfach ins Ausland absetzen wollten. Gleichzeitig nimmt das Land Holocaust-Überlebende auf. Vor diesem Hintergrund spielt die Miniserie „Frieden“. Drei Protagonisten müssen sich der neuen Situation stellen: Egon (Dimitri Stapfer), der Polizist, ist auf Nazijagd, sein Bruder Johann (Max Hubacher), ein Unternehmer wiederum macht Geschäfte mit Nazis und seine Frau Klara (Annina Walt)  kümmert sich um Jugendliche, die aus dem KZ-Buchenwald kommen. Ein Historiendrama, dass die Rolle der Schweiz kritisch beleuchtet. Großartige Schauspieler*innen, opulent inszeniert und richtig spannend.

Frieden – Miniserie, ARTE Mediathek

 


 

Mannigfaltig

 

Dominik Eulbergs Musik bezeichnet die Zeitschrift Zeit als „Biodervistätstechno“, weil er die Natur belauscht und es in Technomusic verwandelt. Der DJ ist ein echtes Waldkind. Er liebt Wälder und Clubs gleichermaßen. Sehr lässige Elektromusic. Wenn ich das nächste Mal wieder eine Singdrossel höre, werde ich auf ihren Beat achten. Wo du seine Musik nicht hören solltest? Natürlich im Wald, hier lausche einfach den Vögeln und den Bäumen. Bester Sound ever.

Mannigfaltig – Dominik Eulbeerg, auf iTunes und Spotify

 


 

Der Mann im roten Rock

 

Eine Reise durch Salons und Zirkel der Belle Epoche. Wir treffen Schriftsteller, Komponisten, Schauspieler, Adelige, Industrielle und Maler. Die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg war eine Periode voller Optimismus, Kreativität und Innovationen in Frankreich. Und mitten im Geschehen der Arzt Dr. Samuel Pozzi. Ein Freigeist, der mit fast allen wichtigen Menschen dieser Zeit verkehrte. Ein Buch, dass einem hilft, die Gegenwart zu verstehen. Ein Pageturner.

Der Mann im roten Rock – Julian Barnes, 304 Seiten, Kiepenheuer & Witsch

 


 

Pieces of a Woman

 

Bei manchen Büchern, Filmen oder Musik brauche ich einen kleinen Anlauf, da muss ich mich ein wenig darauf vorbereiten. Bei „Pieces of a Woman“ brauchte ich auch den richtigen Moment, weil im Film ein Baby unmittelbar nach der Geburt stirbt. Martha (Vanessa Kirby) und ihr Sean (Shia LaBeouf) freuen sich auf ihr erstes Kind. Als die Wehen einsetzen, beginnt das Drama. Die Geburt, der Verlust und die Trauer sind sehr eindringlich gespielt und intim fotografiert. Intensiver Film, der mich noch lange beschäftigen wird.

Pieces of a Woman - Neflix

 

Danke, dass du deine Aufmerksamkeit für einen Moment auf meinen Beitrag gelenkt hast. Ich weiß das wirklich zu schätzen. Ich freue mich. Wir sehen uns Ende Mai wieder. Bis bald.

 


 

Knuth Kung Shing Stein ist Gründungsmitglied von SoSUE und unterstützt noch weitere Marken als PR Berater und Content Curator. Er selbst beschreibt seine Arbeit als „irgendwas mit Medien“. Der Hamburger würde am liebsten auf einen Berg mit Strand ziehen. Mehr über Knuth erfahrt ihr auf seiner Website Collideor and Scope.

 

 


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