New Psychedelics: Im Interview Anne Philippi

 

Laut dem Gesundheitsministerium erkranken Schätzungsweise 16 bis 20 von 100 Menschen irgendwann in ihrem Leben mindestens einmal an einer Depression oder einer chronisch depressiven Verstimmung. Mit der Corona-Pandemie könnten mehr Menschen darunter leiden. Anne Philippi CEO von „The New Health Club“ möchte das mit neuen Psychedelics ändern. Wir haben sie im Interview dazu befragt, weil wir wissen wollten, wie das funktioniert.

 


 

 

Du hast 2019 den „The New Health Club“ gegründet, am besten Du beschreibst kurz selbst, worum es darin geht?

 Das wichtigste für uns ist ein neues Narrativ über Psychedelics zu kreieren: also weg vom alten Drogen-Narrativ. “The New Health Club” stellt psychedelische Substanzen als neuen Tools,  also Werkzeuge für Mental Health vor. Wir sind also eine Plattform für die neuen Psychedelics bzw. für den neuen Umgang damit. Substanzen wie LSD, Magic Mushrooms, Ketamine oder MDMA, werden gerade neu definiert und als “Mental Health” Medikamente neu erforscht. Das klingt für die meisten Menschen zunächst ungewohnt, doch weltweit untersuchen Universitäten wie Yale, Harvard oder die Charité, wie man in einem sicheren Set (Mindset) und Setting (Ort) und in einem therapeutischen Zusammenhang Depressionen oder anderen Mental-Health-Probleme mit Psychedelics behandeln kann. The New Health Club stellt das Eco-System vor, die wichtigsten Investoren und CEOs und natürlich die Substanzen. Dieses Jahr bauen wir die Plattform zu einem Ort aus, an dem Patienten oder einfach an den neuen Psychedelics Interessierte mit den richtigen Stellen verbunden werden.

Was sind Deine persönliche Erfahrungen mit den diversen legalen Substanzen, wie bist Du darauf gekommen?

Ich habe 2018 das Buch von Michael Pollan “How to change your mind” gelesen, ein sehr renommierter Autor; NYT Besteller und Dozent in Berkeley, der nicht nur über die neuen Substanzen schrieb, sonder auch, warum er ein paar in einem sicheren, therapeutischen Set und Setting versuchte. Ich befand mich an einem Punkt in meinem Leben, an dem ich merkte, all die Psychotherapien und exzessives Yoga helfen mit nicht wirklich weiter. Weil Pollan seine “Trips” und seine Erfahrungen so gut beschrieben hatte nahm mir das die Angst, denn ich hatte vorher nie Psychedelics genommen. Ich unternahm also 2019 von einem Therapeuten geführte LSD Reise an einem Samstagnachmittag. Dann fing etwas an sich in mit zu verändern, denn ich  konnte meine Lebensperspektive plötzlich drastisch verändern.  Anfang 2020 machte ich dann  bei Synthesis in Amsterdam eine legale, sichere Magic Mushroom Erfahrung und habe Einsichten erlangt, die mein Leben nachhaltig veränderten. Zudem hatte ich eine großartige spirituelle Erfahrung, die nichts mit Religion zu tu hatte. Das hat mich noch mehr bestärkt, die Plattform, die Podcasts und die Show weiterzubringen.

Welche Gefahren birgt es?

Wir kennen das Narrativ des “Bad Trip”, einer schlechten Erfahrung mit Psychedelics. Oftmals aber passiert der, weil man z.B. verschiedene Substanzen mixt oder die Einnahme in einem ungünstigen Setting stattfindet. Oder es wird uns im Trip etwas gezeigt, dass eben herausfordernd ist, weil uns unser Unterbewusstsein es uns zeigt. In so einem Moment ist ein Trip Sitter von großer  Bedeutung, also jemand, der durch einen Trip führt und an der Seite ist, wenn es schwer wird. Das wichtigste für Menschen, die an Psychedelics als Erfahrung interessiert sind, ist auf jeden Fall ein sicheres Set, also Mindset, und Setting und einen sichere Voreinschätzung. Das Synthesis Retreat hat da ein gutes System entwickelt. In einem psychiatrischen Kontext wird derzeit international erforscht, wie man klinische Depressionen in Zukunft mit Psychedelics behandeln kann. Die Psychiatrie als solches wird von psychedelischen Behandlungen stark verändert werden. Daran glaube ich. Der britische Professor David Nutt ist eine gute Quelle, um sich damit zu beschäftigen, und die Bundesregierung hat dieses Jahre die erste große Psilocybin-Studie unterstützt, die Psychopharmaka vs. Psilocybin untersucht. Alte Mental-Health-Strukturen werden also gerade “disrupted” wie man in Tech gern sagt.

Sind Magic Mushrooms, LSD und Halluzinogene die neue Hippie Droge 2.0 der Silicon Valley Milliardäre?

Das würde ich nicht so einfach sagen, auch wenn einige sehr innovative Unternehmer wie Steve Jobs ihre Kreativität in Sachen Apple auf ihre Erfahrung mit LSD zurückführen. Und natürlich gibt es bei einigen mittlerweile großen CEOs eine Offenheit mit psychedelischen Erfahrungen neue Ideen für eine neues Zeit zu gewinnen. Was ja auch funktioniert. Trotzdem ist das keine “Trend”-Angelegenheit.

Statt Kaffee eine kleine Dosis LSD zum Frühstück?

Das wäre dann Micro-Dosing, also die Einnahme einer kleinen Dosis von LSD im Gegensatz zu einer Macro-Dosis, also eine hohe Dosis. Auch wenn Micro-Dosing an Beliebtheit gewinnt, in Deutschland wäre dies derzeit mit LSD und Psilocybin noch illegal und die Forschungen dazu basieren bisher auf “anecdotal” Wissen, also keinem forschungsgestützten. Dennoch, die Forschungen dazu laufen auf Hochtouren.

Warum kommen Psychedelika wieder so in Mode? Sind die Zeiten der Political Correctness und Nüchternheit vorbei?

Ich glaube man sollte sich die neue Haltung zu Mental Health nicht als Mode vorstellen. Und es geht ja nicht darum, high zu werden und sich wegzuschießen. Ich glaube es handelt sich um einen großen Paradigmenwechsel, der uns unsere Mental Health erlaubt ernst zu nehmen und zwar in jedem Alter. Wir suchen zudem vermehrt nach spirituellen Erlebnisse suchen, ohne religiös zu müssen, denn auch das wirkt sich “anti-depressiv” auf uns aus. Davon handelt z.B. das Buch “Waking Up - Searching for spirituality without religion” des Neuro-Wissenschaftler Sam Harris.

Worum geht es den meisten Menschen bei der Einnahme der neuen Substanzen? Um Heilung oder Selbstoptimierung oder Flucht vor dem Alltag?

Ich glaube die meisten Menschen wollen gar nicht flüchten, sondern suchen nach einer neuen Idee von Erfüllung und Leben. Und das nach Covid noch mehr. Wir bekamen im ersten Lockdown viele Emails von Menschen, die uns schrieben, dass sie mit den “klassischen” Mitteln nicht mehr weiterkommen und verzweifeln. Die legale Situation ist ja immer noch nicht ideal, wenn es darum, geht andere Behandlungen zu versuchen.

Wie groß ist die Gefahr, dass Psycho-Scharlatane und Geschäftemacher sich in das Feld einschleusen und dem Image dieser neuen Bewegung schaden?

In der Tat ist das eine große Gefahr die gerade besteht. z.B. passiert es oft, dass Menschen auf ihre psychedelische Erfahrung gar nicht vorbereitet werden und sie danach, ohne ihre Erfahrung mit einem Therapeuten zu integrieren, in ihrem Alltag nicht zurechtkommen. Bei Ayahausaca Wochenenden, auf die man einfach so mal fährt, passiert das häufig, da melden sich viele Leute bei uns, wenn sie dann nicht klarkommen. Die Charité hat dafür sogar eine eigenen “psychedelischen Emergency Room” kreiert, was ich sehr gut finde. The New Health Club arbeitet daher an einer Plattform, die man als psychedelischem TÜV bezeichnen könnte. Uns geht es darum in Zukunft Orte, Therapeuten und Kliniken vorzustellen, die ganz klar ein sicheres Set und Setting anbieten.

Glaubst Du, dass Corona, die Beschäftigung mit psychedelics beschleunigt?

Auf jeden Fall. Viele Universitäten haben Studien gestartet, in denen jetzt schon klar wird: die Mental Health Problematik in den Monaten und Jahren nach der Pandemie sich noch verstärken wird, denn die Folgen eines “Schockerlebnis” (wie z.B. Covid) bemerken wir oft erst sechs Monate nach dem Ereignis selbst, diese Reaktion wird als PTSD oder PTBS, post-traumtische Belastungsstörung bezeichnet.

Wie differenzieren wir selbst, was wir von den Substanzen wollen: Therapie und als medizinische Anwendung oder als Wellness und Freizeitvergnügen?

Sehr gute Frage. Es kann durchaus vorkommen, dass man z.B. aus Neugier und mental Wellness-Gründen eine psychedelische Erfahrung macht und plötzlich überraschende Einsichten hat, mit denen man nicht rechnete. Meistens führen diese Einsichten auf einen neuen Weg, den es sich lohnt zu beschreiten.

Ihr wollt mit „The New Health Club“ das neue Goop für Psychedelics werden, wie sieht der Plan dafür aus?

Das ist immer ein netter Elevator Pitch, denn ich schätze an Goop (Wellness-Unternehmen von Gwyneth Palthrow) die Offenheit gegenüber neuen Behandlungen und einer breiteren Idee von Gesundheit. Das Interessante beim Gründen, ist aber, dass man sich auf einen riesige Experiment einlässt, was einen immer wieder in neue Richtungen führt. Und das ist genau nach meinem Geschmack. Ich nehme Goop derzeit als Inspiration, um etwas völlig neues zu kreieren.

Falls Euch das Thema interessiert, klickt mal auf die Seite des  „The New Health Club“.

 

 


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